Albumrezension: Lenny Kravitz – „Raise Vibration“

25. Oktober 2018 | L'UniCo Musikredaktion | Keine Kommentare | Allgemein, Musikredaktion, Schallinspektion

Fast 30 ist „Let Love Rule“, das Debutalbum, von Lenny Kravitz nun alt. Kürzlich erschien mit „Raise Vibration“ nun das elfte Studioalbum des Amerikaners. Kann er nach all der Zeit immer noch überzeugen oder zeigen sich Verschleißerscheinungen? Moritz hat sich die Platte zur Brust genommen und erzählt, was ihr erwarten könnt.

Beim dem Namen Lenny Kravitz kommen dem Hörer sofort 2000er-Rock-Klassiker wie „Fly away“ und „Are you gonna go my way“ in den Sinn. Diese Hits liegen jedoch schon etwas zurück in der Zeit. Daher stellt sich zwangsläufig die Frage: Kann Kravitz mit seinem neuen Album „Raise Vibration“ an seinen goldenen Zeiten anknüpfen? Zumal von seinen letzten Alben wenig im Gedächtnis geblieben ist.

Nach dem ersten Hören war ich positiv überrascht von dem Gesamteindruck, den mir die neue Kravitz-Platte vermittelt. Sie wirkt mit seinen 12 Songs recht abwechslungsreich, ohne aber den gewohnten und geliebten Kravitz-Groove zu verlieren. Über alle 12 Lieder verteilt spielt der Amerikaner hier mit verschiedenen Instrumenten, aber auch mit unterschiedlichen Stilmitteln. Beispielsweise arbeitet er im Song „Here to love“ mit einem Chor im Hintergrund, der seinen Gesang unterstützt. Seinem Rock-Genre bleibt Kravitz aber, bis auf einige Ausflüge in Soul, Blues und Funk, fast durchgehend treu.

Liebe anstatt Krieg – das ist der Gedanke, den Kravitz uns vermitteln will. Durch Titel wie „Here to love“ oder „We can get it all together“ wird dem Hörer schnell klar, worum es geht. Kravitz hat die Schnauze voll von Krieg, Tod und Hass. Da die Songs auch fast ausnahmslos musikalisch positiv klingen, kommt die Message gut rüber.

Ausnahme ist der 5. Song – „Johnny Cash“. Dieser handelt von dem Tod Kravitz‘ Mutter und seiner Verarbeitung desselbigen. „Just hold me like Johnny Cash, when I lost my mother/ Whisper in my ear, just like June Carter.“ Hier beschreibt Kravitz die Situation, als er von dem Tod seiner Mutter erfahren hat und Johnny Cash und seine Frau June Carter ihn in den Arm nahmen, obwohl sie sich kaum kannten. Zufälligerweise waren Cash und seine Frau gerade in dem gleichen Studio um Musik aufzunehmen. „They decided at that moment to treat me like they would treat someone in their family. It was a beautiful moment of humanity and love“ so Kravitz in einem Interview mit der BBC. Diese Stimmung aus Trauer und dem Gefühl aufgefangen zu werden wird durch die ruhige und klare Art des Songs sowie dem simplen Songtext gut dargestellt.

Des Weiteren ist der 4. Song, „Raise Vibration“, hervorzuheben. Dies ist meiner Meinung nach der auffälligste und auch härteste Rock-Song auf dem Album. Durch den Einsatz von Pausen zwischen den Riffs bekommt der Song einen einprägsamen Groove, welcher sofort ins Ohr geht. Recht langsam gespielt und mit simplem Text ist der Song alles in allem zwar einfach, aber gut. Unpassend hingegen ist das ca. 50 Sekunden lange Outro. Den Zusammenhang zwischen dem eigentlichen Song und dem Outro erschließt sich mir auch nach wiederholtem Hören nicht.

In der Mitte taucht noch der Song „5 more days `til summer“ auf, dieser sticht heraus durch seine Leichtigkeit und einem schnelleren Beat und ist damit einer der wenigen Songs auf dem Album, der die düstere und traurige Stimmung etwas auflockert. Kurz zusammengefasst ist „5 more days `til summer“ einfach ein Gute-Laune Song.

Die restlichen Stücke bewegen sich zwischen dem typischen Groove-Rock von Lenny Kravitz und einigen langsamen, balladenähnlichen Stücken. Allgemein wirkt das Album mit Ausnahme von den oben erwähnten Stücken relativ langatmig, ein Grund dafür wird vermutlich auch sein, dass es nur ein Lied unter die 4 Minuten schafft. An die goldenen Zeiten von früher knüpft „Raise Vibration“ daher nicht an. Dennoch ist es für mich insgesamt gelungen und verdient gehört zu werden – insbesondere die Stücke „Raise Vibration“ und „Johnny Cash“. Meine persönliche Punktzahl ist 6 von 10 möglichen Punkten.

(Moritz Kesseler)