Die kalifornische Band Wallows definiert den Begriff „Tour“ auf ihre ganz eigene Art und Weise. Anders als man es von vielen Bands gewohnt ist, spielen sie nicht im Zuge einer Tour mehrere Konzerte in einem Land, sondern immer mal wieder ein Konzert hier und da. So waren sie im vergangenen Sommer beispielsweise nur für einen einzigen Gig in Deutschland nämlich in Hamburg. Zum Glück kehrten sie aber jetzt nach Europa zurück und spielten am 15. November in der ausverkauften Kantine in Köln ihre letzte Headline-Show für dieses Jahr.
Bereits eine viertel Stunde vor offiziellem Einlass standen die (überwiegend weiblichen) Fans vor der Location Schlange und blockierten dadurch sogar einige Parkplätze. Bei dem Ansturm schafften wir es gerade so um 20 Uhr in die Kantine – pünktlich zur Vorband Telquist. Die junge Band aus Regensburg lieferte den perfekten Einstieg in den Abend. Gute Laune- Indie-Musik durch und durch, musikalisch jedoch boten sie wenig Aufregendes. Man konnte sich aber in der Zeit schon mal ein paar Drinks holen und in Ruhe ankommen – und für die Fans, die Stunden lang draußen gewartet hatten, gab es endlich Gelegenheit sich aufzuwärmen.
Kurz nach 21 Uhr war es dann so weit: Die Jungs von Wallows betraten zu ABBAs Klassiker „Dancing Queen“, welcher im Hintergrund lief, die Bühne. Doch die Freude darüber war bei uns leider etwas getrübt, da direkt ein ohrenbetäubendes Gekreische losging. Irgendwie auch verständlich, denn vor allem Sänger und Gitarrist Dylan Minnette – auch bekannt als Schauspieler der Serie „Tote Mädchen Lügen nicht“ und etlichen anderen Hollywood-Filmen – brachte einen gewissen Starbonus mit. Für einen kurzen Moment hatte man den Eindruck auf einem Boyband- anstelle eines Indiekonzerts zu sein. Zum Glück legte sich das aber schon nach dem ersten Song I’m Full, denn die Fans waren dann mehr damit beschäftigt zu tanzen und die Lyrics Wort für Wort mitzusingen.
Musikalisch bieten Wallows mehr als nur durchschnittlichen Indie-Rock. Mit einem gewissen Retro-Touch in ihren Melodien, ihrer „Simpleness“ und ihrem Kleidungsstil spürt man die ganze Zeit 80er-Jahre-Vibes. Zugegebenermaßen war Wallows für mich immer eine Band zum „Nebenbei-Hören“, da man ihre Songs perfekt zum Lesen, Arbeiten oder Aufräumen konsumieren kann. Umso gespannter war ich auf ein komplettes Live-Set. Ein bisschen Kopfnicken und das war’s?
Absolut nicht! Was die Jungs aus ihren Songs rausholten, überraschte mich total. Es wurden viele, neue Gitarrenparts ergänzt und mehr Stops eingebaut, die für eine größere rhythmische Vielfalt sorgten. Auch was die Dynamik anging wurde viel experimentiert sie viel rum, sodass es wirklich an keiner Stelle zu langweilig wurde. Das Publikum war davon ebenfalls sehr begeistert und war von Minute eins komplett dabei und bewegte sich gemeinsam mit der Band auf der Welle voll von Ekstase, Emotionen und Action.
Besonders hervorzuheben sind die beiden Sänger Dylan Minnette und Braeden Lemasters. Von ihren Typen her so unterschiedlich wie Tag und Nacht und doch verbindet sie eine magische Harmonie. Einfach nur schön! Generell wirkte die Band sehr eingespielt und auf einer musikalischen Wellenlänge. Erwähnenswert ist auch Danny Ferenbach, welcher im dritten Song Let the Sun In ein hervorragendes Trompetensolo spielte. Ja auch eine Trompete war am Start, auch wenn man sie leider akustisch nicht ganz so gut hören konnte.
Ihre großen Hits wie These Days oder Are You Bored Yet? durften in der Setlist selbstverständlich nicht fehlen. Für mich sind es auch die besten Songs des Abends gewesen.
Bei ihrer Zugabe spielten sie noch 1980s Horror Song bei dem Sänger Braeden Lemasters solo mit seiner Gitarre auf der Bühne stand. Auf dem Kopf trug er einen Blumenkranz, welchen ein Fan kurz vorher auf die Bühne geworfen hatte. Zum endgültigen Finale kehrte dann noch einmal die komplette Band auf die Bühne zurück. Die Fans aus den ersten Reihen konnten sich nun wirklich nicht mehr halten, tanzten um ihr Leben und kreierten zuletzt sogar einen Mini-Mosh-Pit.
Einfach nur krass, was aus einem vermeintlich „durchschnittlichen“ Indie-Konzert noch entstehen konnte. Gegen kurz nach 22 Uhr war dann auch Schluss und die Jungs nahmen sich noch ein wenig Zeit für ihre Fans, machten Fotos und verteilten Autogramme.
Mein Fazit: Eine äußerst sympathische Band mit einer überraschend guten Live-Performance. Dies war einer letzten Headline-Show in diesem Jahr definitiv würdig. Umso gespannter darf man auf 2020 sein, wenn Wallows hoffentlich bald wieder nach Deutschland zurückkehren werden!
Text: Zara Akopyan
Fotos: Maria Pracht & Zara Akopyan