Es ist die Farbe Schwarz, die dominiert, es ist die Farbe Schwarz, die allgegenwärtig ist. Die Nacht senkt sich auf den ersten Samstag des Jahres hernieder, es ist der erste Vollmond des Jahres und das Owls’n’Bats Festival in Detmold lockt erneut mehrere Hundert Gruftis und Punks in die Stadthalle.
Die Fledermäuse und Nachteulen kommen aus der Region, mitunter aus dem Ruhrgebiet oder von weiter zu diesem subkulturellen Neujahrsempfang, organisiert von Mathias Reimann und seiner Partnerin Zuzie Mametschke. Die beiden sind mit ihrem Festival seit 2014 eine feste Instanz der Szene und dieses Jahr zum zweiten Mal mit der Winteredition am Start.
Fledermäuse, Kunst und Katzen
Ehe die schwarzen Seelen zum Tanze das Paket betreten, werden sie vom Schattenmarkt in Empfang genommen. Im Vorraum der Stadthalle sind Stände von Händler*innen mit spezifischer Szene-Ware. Bestickte Küchentücher, filigraner Schmuck und DIY-Patches mit künstlerischen Motiven.
Gegenüber davon steht ein reichhaltiges Catering, organisiert von Ehrenamtlichen des Vereins Katzen in Not e.V.. Herzhafte Muffins, vegan bis omnivore, guter Kaffee und Waffeln. Seit einigen Jahren bereits verbindet das Festival eine tiefe Freundschaft zu der Samtpfotenhilfe.
Für Gitta Helak, Leiterin der Katzennothilfe, sind die Gruftis die besten Kund*innen. Nach dem sie an Mathias und Zuzie drei Katzen vermittelte, kamen sie und ihr Team mit ihren Leckereien auf das Festival. Ihr Fazit lautet daher:
„Wir haben noch nie so ein nettes, friedliches Publikum gehabt. Keiner meckert, keiner nörgelt; echt toll.“
Familientreffen in Schwarz – „Wie Kaffee und Kuchen bei Oma und Opa“
„Ich fühle mich immer wie Nachhause kommen“
Das Festival wirkt wie ein Familientreffen, kleine Grüppchen stehen zusammen, es wird gemeinsam getrunken, geplaudert, gelacht. Die Mehrheit von ihnen ist im mittleren Alter, junge Leute sind kaum zu sehen. Schade, findet auch einer der Besucher und scherzt:
„In zwanzig Jahren feiern wir hier noch mit dem Rollator zusammen.“
Alles andere als Alt ist die Stimmung. Zwar ostwestfälisch zurückhaltend ist die Begeisterung und Freude des Publikums dennoch spürbar. Der Großteil steht vor der Bühne und schaut sich die Konzerte an, einige tanzen verträumt im Rhythmus hin und her, der Rest sitz auf der Tribüne und genießt die düsteren Klänge.
Ein bunter Strauß an Genre und ein Internationales Line-Up
Ebenso besonders ist das musikalische Konzept des Owls’n’Bats. Mathias und Zuzie kuratieren ein abwechslungsreiches Programm, bei dem selbst der Eröffnungsact eine Show von 45 Minuten spielen darf. Die Headliner können sogar eine komplette Club-Show spielen.
Den Anfang machen Philleas Fogg, schneller und treibender Post-Punk, der die Stimmung im Saal ordentlich anheizt. Die deutschen Texte vermitteln politische Botschaften und klare Statements der Bands positionieren sich gegen Verschwörungstheorien und Antisemitismus.
Suir bringen im Anschluss wieder mehr Ruhe auf das Festival. Ihre Musik ist deutlich melancholischer und nachdenklicher. Es wird fast andächtig gelauscht, fällt das Tanzen zu ihrer Musik auch ein wenig schwerer.
Mit Aux Animaux folgt ein weiteres Highlight. Die Stockholmerin spielt ihr erstes Konzert in Deutschland und performt akustisch wie auch mit ihren Gesten und Tanzeinlagen wahre Witchcraft. In einen Umhang gehüllt rezitiert sie poetische Texte, pendelt und spielt ihr Theremin.
Die Klänge sind elektronisch unterstützt und die langen, sehr hohen Töne sind herausfordernd zu hören, aber womöglich der künstlerischste Anteil des Festivals. Kurz vor Ende der Show dann eine weitere sinnliche Erfahrung: ein extrem wummernder Bass und ein schneller Lichtwechsel zwischen Violet und grün vermitteln den Eindruck, das ganze Raum vibriert.
Sjöblom sind daraufhin der klanggewordene, entspannte WG-Abend. In einigen Songs ist die Gitarre ruhig, romantisch, wie der eine Mitbewohner, der zum Open-Mic geht. Andere Songs bestechen durch ihre Verwendung der Popformel, andere grooven mit elektronischem Einfluss, erinnern an Depeche Mode, oder sie covern direkt Szene Größen wie Ash Code.
40 Jahre Jubiläum und ihr bisher bestes Konzert 2023
Headliner sind schließlich Psyche, die sich bereits 1982 gegründet haben und die in den vergangenen Jahrzehnten die schwarze Szene begeistert. Synth-Wave, gepaart mit nachdenklichen Texten über den Alltag. Die 80er sind mit ihnen nicht tot zu bekommen und spätestens jetzt ist die Stimmung im Saal auf ihrem Höhepunkt.
Immer mehr Gäste tanzen im Einheitsschritt der Szene von links nach rechts und zurück, der Oberkörper wippt leicht mit, der Blick fest zur Bühne und dann lauter Jubel nach jedem der Songs. Sänger Darrin Huss ist hin und weg, springt auf der Bühne umher, ist sichtlich erfreut und teilt seine Freude augenzwinkernd dem Publikum mit:
„This is the best show we played so far this year.“
Eine bravouröse Rückkehr
Im Januar 2020 gab es ganz knapp vor der Pandemie das erste Winterfest des Owls’n’Bats, in den vergangenen zwei Jahren aus bekannten Gründen nicht. Zwar gab es im Sommer 21 und 22 die übliche Ausgabe des Festivals auf der Waldbühne am Hermannsdenkmal, aber an die Winteredition war jedoch nicht zu denken.
Insofern ist dieses Winterfestival die lang ersehnte Rückkehr und hoffentlich der Auftakt für viele weitere Tanzabende der Fledermäuse und Eulen am Jahresanfang.
Text und Bild: Elizabeth Hartmann