Verkopft und sehr zugänglich zugleich, funky, groovy, sperrig, “mal ‘n bisschen was Anderes”! All dies sind Taglines, die sowohl meine Wenigkeit als auch das Campusradio L’UniCo im Zuge unserer Beschäftigung mit dem Kollektiv „Footprint Project“ aus Potsdam in den Mund genommen haben. Die Singles überzeugten, kann es das Album ebenso?
Ich fläzte mich, wie für die Wochenendmorgen üblich, in meinem Sessel umher und versuchte, die Gedanken der letzten Woche zum Kreisen zu bringen, als mir plötzlich auffiel, dass ich doch Derjenige war, der am Dienstag die Vorbemusterung der zweiten Platte von genau diesem Kollektiv namens „Footprint Project“ entgegennahm und sich diebisch freuend daran machen wollte, einfach mal für einen Moment ganz in ein Album eintauchen zu können. Die Pflicht rief! Kopfhörer auf, Rollladen hoch und Augen zu;
Direkter Ersteindruck – Als selbstbetitelte „Powerfunk“ –Band machen die Jungs und ihre Frontfrau Rokhaya ihrem Namen sowie ihrer Stilbezeichnung alle Ehre – Sie hinterlassen sogar einen unverwechselbaren Abdruck in einer sonst so einheitlich nach dem Mainstream ausgerichteten Medienlandschaft, der nur so vor instrumentellem Einfallsreichtum, ansteckender Tanzbarkeit und interessant ausgearbeiteten Texten strotzt.
Sicher wird sich der Eine oder Andere fragen, um welche Besonderheit es sich konkret handelt, die uns erwartet, wenn wir das erste Mal einen Vorgeschmack auf die Band erhalten wollen, deshalb hier ein Versuch des Zusammenfassens;
Ungeachtet heutiger musikalischer Trends lässt sich im Arrangement der „Footprints“ ein wildes Potpourri an Einflüssen heraushören, von bluesigen Gitarrenläufen über Soul-Passagen, die von den Vocals bis in die Bläser reichen, alles garniert mit einer ordentlichen Prise Funk, die sich ebenso durch alles zieht, was einem in die Ohren kommt. Verfeinern wir das Gesamtbild noch mit geschickt eingesetzten elektronischen Komponenten und, – einen Moment, ist das etwa Beatbox?! – Ja, ist es, und es übt nicht nur einen zusätzlichen Reiz aus, sondern kam in dieser Verbindung so noch nie wirklich zum Einsatz. Sieht man sich die Reibungspunkte an, sollte man meinen, dass dies doch unmöglich funktionieren kann, doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund managt die Gruppe den Spagat zwischen Unterhaltung und Irritation und umgeht gekonnt der lauernden Tendenz zum Prätentiösen hin zu einem Punkt, an dem schlicht gesagt sein kann, dass es sich um einen hypermodernen Sound handelt, der seine Wurzeln aber nicht verkennt, sondern umarmt.
Die sieben veröffentlichten Songs sind dementsprechend durchzogen von minutiös getimten und stark ausproduzierten Grooves, die sich schnell in das Hirn des Beobachters brennen und durch ihre Vielschichtigkeit und räumliche Tiefe zu überzeugen wissen. Lyrisch haben sich die Schreiber ebenso einiges einfallen lassen, werden doch allerhand aktuelle, politische Themen, von „Wegwerfgesellschaft“ über den stetig steigenden Leistungsdruck junger Erwachsener bis hin zum Vereinsamen durch Digitalisierung, immer durch eine gewisse, frech reflektierende Brille behandelt. Als Standouts sollen hier auf jeden Fall die beiden vorab ausgekoppelten Songs „Nana“ und „Numb Thumbs“ genannt sein, die gerade in ihren verlängerten Album-Versionen verblüfft haben. Ebenso gilt der Instrumentaltrack „Groovegurke“ als eines meiner persönlichen Highlights. Gerade mit Bezug auf den Umstand, dass wir über eine recht neu formierte, dem Großteil der Bevölkerung vollkommen unbekannte Truppe sprechen soll erwähnt werden, wie gut der Sound letzten Endes wirklich geworden ist, er hat dies Unverkennbare, Magische, dass sich viele andere nur wünschen könnten.
Wer sich nicht scheut, einem selbst unbekannter Musik eine faire Chance zu geben, kann sich freuen, denn es gibt sie noch, die spannenden, unverbrauchten musikalischen Konzepte, an denen entlang sich junge Künstler bewegen können, um in unserer harten Realität ein kleines Zeichen der Lockerheit, der Lebensfreude und der puren Lust auf gute Musik zu setzen.
Hiermit eine uneingeschränkte Empfehlung für alle annähernd Interessierten und zudem ein Aufruf an alle, die skeptisch sind, es lohnt sich!
(Marc Uesbeck)
Mehr von Marc gibt es auf seinem Blog: https://youthinkthisisablog.blogspot.com/