Die Festivalsaison ist auf der Zielgeraden und Reisegruppe L’Unico macht das Green Juice Festival in Bonn unsicher. Das kleine aber feine Festival mitten in einem Wohngebiet bot dieses Jahr erstmals zwei Festivaltage mit hochkarätigen Headlinern: DONOTS, The Subways, Von wegen Lisbeth und Zebrahead, die aber spontan aus logistischen Gründen absagen mussten.
Aber fangen wir vorne an:
Nach der Anreise mit dem Zug und einem kurzen Fußweg zum Festivalgelände schweift der Blick über das kleine aber feine Green Juice Festival. Es ist alles da, was der geübte Festivalbesucher kennt und braucht. Bierbuden, Merch-Stand, FritzKola-Bude, Veggie-Food, aber auch Pommes & Currywurst. Besonders fällt die Dr. Oetker Ofenfrische-Pizzabude ins Auge. Man schmunzelt, aber geht vorbei. Tiefkühlpizza haben wir alle oft genug zuhause.
Das Bezahlen allerdings gestaltet sich durch eine Wertmarken – Währung mit Namen Greenies etwas schwieriger und wirkt durch den Plastikmüll irgendwie wenig umweltschonend und unnötig. Trotzdem gibt es ein Kölsch und die erste Band Attic. aus Bonn. Die Lokalmatadore locken der Uhrzeit zum Trotz (es ist erst 15:30 Uhr) eine Menge Publikum vor die Bühne und können mit poppigem Alternative Rock die ersten Tanzbeine zum Schwingen bringen.
Halbe Stunde Pause… Man hätte zur kleinen DJ-Bühne gehen können. Diese ist aber relativ unscheinbar platziert und geht deswegen etwas in der Menge unter. So wartet Team L’Unico vor der Bühne sitzend auf 8Kids aus Darmstadt. Zwar stehen nicht ganz so viele Menschen vor der Bühne wie bei Attic., aber stilistisch ist die Post-Hardcore Band eine gute Einstimmung auf Fjørt. Etwas zwiegespalten hinterlässt mich dann aber das Cover von Herbert Grönemeyer’s „Der Weg“. Ein schwierig zu covernder Song, der vielleicht besser unangetastet bleiben sollte. Aber das ist nur meine Meinung. Dem Publikum gefällt es.
FJØRT liefern im Anschluss eine sehr atmosphärische und ehrliche Post-Hardcore Show ab. Der bisher größte Moshpit des Tages wird aufgerissen, Harte Gitarrenklänge und wütendes Geschrei liegen in der Luft und Ansagen gegen Rechts und für den Erhalt der kleinen Festivals zeigen: Fjørt sind nicht nur musikalisch versiert, sondern auch einfach sehr korrekte Typen, die etwas zu sagen haben.
Danach wären Zebrahead an der Reihe gewesen, die aber aus logistischen Gründen ihre Reise nach Deutschland nicht angetreten sind. Die eingesprungenen Montreal scheinen darüber mehr zu wissen. Ab und zu wird ein Seitenhieb in Richtung Zebrahead ausgeteilt. Neben straightem deutschsprachigem Punk gibt’s lustig-verwirrte Ansagen aber musikalisch nichts Besonderes. Unterhaltsam ist es dennoch. Auch weil sich Ingo Knollmann von den DONOTS zum ersten Mal zeigt. Nämlich als Zeitwächter beim 120-Sekunden-Song von Montreal.
Zeit ist es um 21:30 Uhr dann auch für den ersten Headliner: DONOTS. Man kennt die Band aus Ibbenbüren inzwischen seit 24 Jahren und weiß: DONOTS Shows sind immer unterhaltsam. Die Festivalbesucher wissen das auch. Der Platz ist voll und die Münsterländer begeistern das Publikum – aber nicht nur mit den bekannten Klassikern. Aus der Situation heraus improvisieren sie einen Song über den toten Wellensittich aus Kindertagen: Peter Punk Piepmatz. Einfach sympatische Typen, diese DONOTS. Solider Punkrock mit Haltung und ein gelungener Abschluss des ersten Festivaltages mit einer feiernden Menge als Betthupferl.
Tag zwei startet mit ELIA und An Early Cascade. ABRAMOVICZ aus Hamburg liefern viel Gitarrensound. Ich als Fan der Gitarrenmusik komme aber nicht darüber hinaus, ab und zu mit dem Kopf zu wippen. „Songs okay, Gesang mal okay, mal jenseits der Tonart und irgendwie nicht sehr spannend“, tippe ich in mein Handy.
Vielleicht hatte ich auch einfach zu viel Hitze für bessere Laune. Für eine Abkühlung und Bewässerung des Geländes sorgt das Technische Hilfswerk, die mit Schläuchen Gelände und Besucher bespritzen und dafür mit „THW!!! THW!!!“ Gesängen belohnt werden. Lustiges Intermezzo.
KMPFSPRT liefern eine solide Punkrock Show, haben aber leider ein paar technische Probleme mitgebracht, weswegen sich die Zuhörenden manchmal mit nur einer Gitarre begnügen müssen. Dafür stellt sich aber Bassist Dennis mitten in den Circle Pit und das Publikum ist trotz der Hitze sehr tanzfreudig.
16:40 Uhr: Van Holzen – Zeit. Wir berichteten schon sehr positiv über die Ulmer als Vorband von Heisskalt in Bochum. Und auch beim Green Juice können die drei jungen Männer voll überzeugen. Eine überzeugende und energetische Show mit fettem Sound, wenigen Ansagen und einem absolut überragenden Schlagzeuger bricht über uns herein. Van Holzen haben sich ihren Platz im Line-Up verdient.
Und dann passiert etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte. LEONIDEN. Neben ungemein aktueller Musik und unverschämt sympathischem Auftreten liefern die Kieler eine derartig energiegeladene Show ab, dass man sich manchmal fragt, wo man überhaupt hingucken soll. Darüber hinaus ist das Publikum absolut textsicher und feierwütig. Wie man auch unserer Instagram Story entnehmen kann, werden die Leoniden unser Festival Highlight. Dringende Empfehlung!!!
Der Deutschen Bahn und dem Umstieg in Hamm geschuldet, müssen wir leider abreisen, bevor Von Wegen Lisbeth und The Subways die Bühne des Green Juice betreten. Aber auch ohne die beiden Hauptacts des Samstags gesehen zu haben, ist unser Fazit:
Das Green Juice ist ein schönes, kleines Festival, das den Vergleich mit den größeren nicht scheuen muss. Ein gutes und gitarrenlastiges aber dennoch bunt gemischtes Line-Up bietet Musik für jede*n, der sich in der rockigeren Musiklandschaft wohlfühlt. Lediglich das Bezahlsystem nervt und ist in meinen Augen nicht sinnvoll. Also nächstes Jahr hin da!
Text: Moritz Herrmann
Fotos: Fiona Thiele
Mehr Fotos findet ihr hier: https://www.instagram.com/heyitsfiona/